3. Giro-Etappe mit überraschendem Finale

Merlier gewinnt nach später Attacke von Pogacar und Thomas

Von Kevin Kempf

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Tim Merlier gewinnt die 3. Etappe des Giro d´Italia. | Foto: Cor Vos

06.05.2024  |  (rsn) – Am Ende einer komplett verrückten Etappe gewann Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) auf dem dritten Teilstück des 107. Giro d’Italia (2.UWT) den erwarteten Massensprint. Der Belgier war nach 166 Kilometern zwischen Novara und Fossano knapp schneller als Jonathan Milan (Lidl - Trek). Das Tagespodium komplettierte Biniam Girmay (Intermarché – Wanty) vor Jenthe Biermans (Arkéa – B&B Hotels) und Tobias Lund Andresen (dsm-firmenich – PostNL).

Zuvor aber wurde das gesamte Spektrum dessen gezeigt, was der Radsport zu bieten hat. Zunächst absolvierten die Propfis die Etappe im Touristentempo, dann setzte sich urplötzlich eine 23-köpfige Gruppe ab. Bei deren Verfolgung zerbrach das Feld in mehrere Teile, wodurch einige Klassementfahrer in Schwierigkeiten gerieten. Als die Situation bereinigt war, griffen im Finale die beiden Besten im Klassement an: Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) wurden erst 400 Meter vor dem Ziel eingeholt.

Auf der Zielgerade war Merlier dann der Schnellste und holte sich seine zweite Etappe bei einer Italien-Rundfahrt. “Das war der härteste Sieg bisher. Wir sind auf dem letzten Kilometer noch mal zurückgekommen. Ich hatte dann keinen guten Windschatten mehr und hoffte auf den richtigen Moment. Milan fing links an mit seinem Sprint. Ich hab gehofft, dass es noch reicht und hatte Glück, dass ich gewonnen habe“, blickte er im Ziel-Interview auf das äußerst knappe Finish zurück.

Zur Mitte des Rennens gehörte der spätere Sieger zu einer großen Ausreißergruppe, die das bis dahin langweilige Teilstück belebte. “Fast alle Sprinter waren ausgerissen: Luke Lamperti und ich waren für uns dabei. Wir waren aber die einzigen beiden, deswegen war es für uns keine gute Situation, denn andere Teams hatten mehr Fahrer dabei“, so Merlier.

Knapp dem Belgier geschlagen geben musste sich Milan, der ebenfalls Teil der Ausreißergruppe war, einen sehr starken Eindruck hinterließ und sich die beiden Zwischensprints sicherte. “Das Finale war durch den Berg und die Attacke von Pogacar und Geraint sehr chaotisch. Ich habe sehr gelitten“, meinte Milan im Eurosport-Interview. “Im Finale haben wir uns verloren, auf den letzten 500 Metern kamen wir aber wieder zusammen. Ich sah dann Trentin Vollgas von rechts kommen und bin hinterhergegangen. Ich hatte einen guten Speed, aber dennoch Glückwunsch an Tim“, erzählte Milan, der als einziger der Topfahrer auf der anderen Straßenseite als seine Konkurrenten spurtete.

Pogacar und Thomas machen es spannend

Für Spannung auf den letzten Kilometern sorgten Pogacar und Thomas, der allerdings zum Schluss auf flachem Terrain Probleme mit dem Tempo des Slowenen hatte. “Ich habe einfach probiert, sein Hinterrad zu halten. Aber man … das war ordentlich“, zeigte sich der Waliser im Eurosport-Interview von der Leistung des Rosa Trikots beeindruckt. Um das Spitzenduo überhaupt noch einholen zu können, mussten alle Sprintermannschaften ihre Anfahrer frühzeitig einspannen, was schließlich zu einem unorganisierten Sprint führte.

Für die Deutschen verlief der Tag nicht nach Wunsch. Alle verpassten die umfangreiche Spitzengruppe zur Mitte des Rennens, auch in die Top Ten konnte niemand vorstoßen. Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) wurde 14., Max Kanter (Astana Qazaqstan) landete zwei Positionen dahinter.

An der Spitze des Klassements gab es nur marginale Änderungen. Pogacar hat jetzt 46 Sekunden Vorsprung auf Thomas, der sich am Zwischensprint ebenfalls eine Sekunde sicherte und damit nun genau mit dieser vor seinem ehemaligen Teamkollegen Daniel Felipe Martinez (Bora – hansgrohe) Zweiter ist. Der Mann in Rosa ist auch der Beste der Bergwertung. Cian Uijtdebroeks (Visma – Lease a Bike) verteidigte trotz zwischenzeitlicher Probleme seine Position als bester Nachwuchsfahrer. Merlier übernimmt das Punktetrikot vor dem punktgleichen Milan.

So lief die 3. Etappe des Giro d’Italia:

Schiedlich friedlich ging es nach dem schweren Auftaktwochenende auf der 3. Etappe lange daher. Bis kurz vor der ersten Bergwertung nach 58 Kilometern rührte sich niemand bei einer eher gemütlichen Fahrt mit 37,7km/h auf tellerflachem Gelände. Dann begannen sich die Aspiranten aufs Bergtrikot zu bewegen, eine größere Gruppe wurde schnell eingeholt, doch Lilian Calmejane (Intermarché – Wanty) und Davide Ballerini (Astana Qazaqstan) wurden letztendlich weggelassen.

Das Profil der 3. Etappe | Foto: RCS

Fröhlich diskutierend fuhren die beiden nebeneinander den kurzen Anstieg hinauf – und gewannen dabei 1:40 Minuten auf das Peloton. Calmejane durfte kampflos als Erster über den Wertungsstrich rollen und hatte danach genug von der Gesellschaft des Italieners, er wartete auf das Feld. Gleiches entschied sich Ballerini kurz danach auch zu tun, doch seine Verfolger waren so langsam unterwegs, dass sie ihm einfach nicht näherkamen. Erst mit noch 96 zu fahrenden Kilometern konnte Radio Corsa “gruppo compatto“ melden.

Milan der beste bei den Zwischensprints

Der zweite Zwischensprint wartete 86 Kilometer vor dem Ziel auf das Feld. Alpecin – Deceuninck erhöhte das Tempo, wodurch sich 30 Interessierte aus dem Bummelzug absetzten. Im Sprint war Milan schneller als Edward Planckaert (Alpecin - Deceuninck) und Olav Kooij (Visma - Lease a Bike). Nach einer kurzen Zweifelphase entschied man sich vorn, dann weiterzufahren und lag plötzlich 1:20 Minuten vor dem Feld, in dem UAE Team Emirates das Kommando übernahm.

Als der Abstand 1:45 Minuten betrug, stieg Bahrain Victorious in die Verfolgung ein, da Phil Bauhaus als einer der wenigen Sprinter den Abgang verpasst hatte. Mit Polti – Kometa und einem Movistar-Fahrer fuhren sie 20 Sekunden dicht, blieben dann aber hängen. So kamen die Ausreißer mit 67 zu fahrenden Kilometern zum Intergiro, den erneut Milan für sich entschied. Er verwies Merlier, Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) und Danny van Poppel (Bora – hansgrohe) auf die Plätze.

Uijtdebroeks in Schwierigkeiten

Nach dem Sprint kam das Feld näher, dafür schlugen die drei verfolgenden Mannschaften allerdings ein so hohes Tempo an, dass das Peloton eingangs der letzten 60 Kilometer in drei Teile brach. Die letzten beiden mit unter anderem Uijtdebroeks, Juan Pedro Lopez (Lidl - Trek) und Domenico Pozzovivo (VF Group - Bardiani CSF - Faizanè) kamen schnell wieder zusammen, doch der Rückstand auf die vorderen Gruppen wuchs an.

Bei 30 Sekunden Rückstand auf das erste Verfolgerfeld schalteten sich auch EF Education – EasyPost und Astana Qazaqstan in die Jagd ein und mit vereinten Kräften glückte die Rückkehr 46 Kilometer vor dem Ziel. Derweil zerfiel die Spitzengruppe in zwei Teile, was dazu führte, dass auch die nur wenige Sekunden später eingeholt wurden.

Pogacar sprintet erst um Boni und folgt dann im Finale Honoré

Bis zum Zwischensprint in Cherasco, der am Ende einer einen Kilometer langen Steigung lag, blieb es ruhig. Auch der Anstieg wurde ruhig gefahren und die Sprinter verzichteten darauf, um die Bonifikationen zu kämpfen, weil es an diesem Sprint keine Punkte gab. Stattdessen tauchten Ineos und Pogacar auf, um 22 Kilometer vor dem Ziel einfache Sekunden mitzunehmen. Pogacar verlor im kurzen Sprint zwar gegen Ben Swift (Ineos Grenadiers), nahm aber trotzdem zwei Bonussekunden mit, Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) als Dritter noch eine.

Anschließend tat das Feld den Sprintern zunächst nicht mehr weh, bis am letzten Hügel mit 3,1 zu fahrenden Kilometern Mikkel Honoré (EF Education – EasyPost) angriff. Pogacar und Thomas reagierten, als sie sich in der Abfahrt entschlossen mitzufahren, musste der Däne die Segel streichen. Das Feld musste alles geben, um die beiden Klassementfahrer wieder einzuholen und schaffte das erst 400 Meter vor dem Ziel. Milan schien auf dem Weg zum Etappensieg, doch Merlier sprintete auf der anderen Straßenseite noch am Italiener vorbei.

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