RSNplus“Eigengewächs“ lässt Visma jubeln

Trotz widriger Umstände rast Kooij beim Giro zum ersten Sieg

Von Jan Zesewitz

Foto zu dem Text "Trotz widriger Umstände rast Kooij beim Giro zum ersten Sieg"
Olav Kooij (links, Visma - Lease a Bike) gewann die 9. Etappe des Giro d´Italia. Foto: Cor Vos

12.05.2024  |  (rsn) - Die ersten beiden Massensprints des diesjährigen Giro d’Italia (2. UWT) liefen nicht nach dem Geschmack von Olav Kooij und seinem Team Visma – Lease a Bike. Doch die dritte Chance konnte der 22-Jährige nutzen. Er gewann die 9. Etappe vor Jonathan Milan (Lidl-Trek) und Juan Sebastian Molano (UAE Team Emirates).

Die Voraussetzungen waren für das niederländische Team dabei schlechter als noch bei den ersten Etappen. Christophe Laporte, der eigentlich letzte Mann vor Olav Kooij im Sprintfinale, stürzte während der 5. Etappe. Drei Tage später stand er nicht mehr an der Startlinie. Auch Robert Gesink musste den Giro nach nur fünf Tagen verlassen. Nach zwei Misserfolgen und ersatzgeschwächt sah Visma – Lease a Bike nicht wie ein Favoriten-Team für diese schwer zu kontrollierende 9. Etappe aus.

___STEADY_PAYWALL___“Das Team hat sich komplett hinter mich gestellt, obwohl wir nicht sicher waren, wie es ausgehen würde. Ich kam in eine gute Position und konnte gewinnen“, sagte der Etappensieger auf der Pressekonferenz im Ziel. Diese vermeintlich einfache Erklärung zeigt zwei Auffälligkeiten dieser Etappe und des Ergebnisses. Erstens: Olav Kooij ist aktuell einer der stärksten Sprinter der Welt. Zweitens: Sein Team zeigte allen Umständen zum Trotz eine taktische Meisterleistung.

“Wir wussten, dass wir ein bisschen improvisieren müssen vor allem während des letzten Kilometers. Mit Christophe (Laporte) war es immer so gut wie sicher, dass ich in eine Top-Position komme. Ohne ihn ist es viel schwieriger“, sagte Kooij. Der Improvisation lag aber ein Plan zugrunde, der stark vereinfacht lautete: “Lass die anderen mal machen.“

Mit Christophe Laporte stieg der wichtigste Helfer Kooijs vor der 8. Etappe aus. | Foto: Cor Vos

So sah man die gelben Trikots selten an der Spitze des Pelotons. Weder als der Abstand zu der nur zweiköpfigen Ausreißergruppe kontrolliert werden musste, noch im hektischen Finale, als Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) und vor allem Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) die Sprinterteams vor große Herausforderungen stellten. Stattdessen übernahmen vor allem Lidl – Trek um das Maglia Ciclamino, Jonathan Milan, und Alpecin – Deceuninck um deren Sprinter Kaden Groves die Nachführarbeit.

Visma – Lease a Bike mit kluger Zurückhaltung

Im Finale konnte Kooij sogar von der Arbeit von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) profitieren, der entscheidenden Anteil daran hatte, dass Jhonatan Narvaez knapp 50 Meter vor dem Ziel noch gestellt werden konnte.

“Wir wussten, dass es ein harter Tag werden würde – aufgrund der Strecke und aufgrund der Interessen der anderen Teams“, sagte der sportliche Leiter Marc Reef im Ziel. “Wir wussten auch, dass wir etwas konservativer fahren müssen, weil wir nicht mehr das komplette Team haben und nicht jeder bei 100 Prozent ist. Wir sind ruhig geblieben und konnten Olav den ganzen Tag in einer sehr guten Position halten.“

Den Sprint gewann Olav Kooij knapp vor Jonathan Milan. | Foto: Cor Vos

Am Ende musste Kooij selbst liefern. Und das konnte der junge Sprintstar. Nach der letzten Kurve 800 Meter vor dem Ziel setzte er sich selbst an das Hinterrad von Jonathan Milan. Dort blieb er und auf den letzten 50 Metern konnte er noch am Italiener vorbeiziehen.

Der Kronprinz der Sprinter

“Olav hatte während der Etappe Zweifel, aber wir haben an ihn geglaubt und am Ende hat er es uns zurückgezahlt“, freute sich Reef. “Wir sind sehr stolz auf ihn. Er kam von unserem eigenen Development-Team. Jetzt ist er Leader bei einer Grand Tour und gewinnt eine Etappe. Das ist schön zu sehen.“ Es war der 33. Profisieg für Kooij. Dabei ist er erst 22 Jahre alt – und bringt offensichtlich das Potenzial mit, einer der größten Sprinter seiner Zeit zu werden.

Seine Karriere begann Olav Kooij im Development-Team von Visma – Lease a Bike | Foto: Cor Vos

Seine Karriere im Visma-Development-Team begann 2020. In niederklassigeren oder Nachwuchs-Rennen dominierte er die Sprints in diesem Jahr fast nach Belieben. Bei der Settimana Internazionale Coppi e Bartali feiert er seinen ersten Profisieg. 2021 wurde er fast direkt ins Profiteam "befördert“. Auf einen Sieg bei einem größeren Rennen musste er aber noch ein wenig warten.

Das Team baute ihn behutsam auf, seine Auftritte bei World-Tour-Rennen waren zunächst selten, die Ergebnisse dann beachtlich, auch wenn andere Sprinter stärker waren. Bei der Polen-Rundfahrt (2. UWT) im August 2022 platzte mit einem Etappenerfolg auch auf höchstem Niveau der Knoten. 2023 folgten ein Tagesssieg bei Paris-Nizza (2. UWT), ein Etappenerfolg und der Gesamtsieg bei der ZLM Tour (2. Pro), gleich vier Tagessiege bei der Tour of Britain (2. Pro) sowie zwei Etappensiege bei der Gree-Tour of Guangxi (2. UWT).

Nach drei Jahren hielt ihn die Sportliche Leitung nun bereit für seine erste Grand Tour. Und Kooij lieferte zuverlässig - so, wie er es in seiner noch jungen Karriere fast immer getan hat.

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.06.2024Kanter “super motiviert“, Fragezeichen hinter der Form

(rsn) – Sein Giro-Debüt musste Max Kanter bereits nach der 9. Etappe beenden. Der Sprinter von Astana Qazaqstan musste wie zahlreiche weitere Profis auch wegen eines grippalen Infekts das Rennen au

28.05.2024Gianetti: “Jetzt sind wir bereit für die Tour de France“

(rsn) – Den ersten Teil seines großen Plans, als erster Fahrer nach Marco Pantani 1998 im Lauf einer Saison das Double aus dem Giro d’Italia und der Tour de France zu gewinnen und damit ein weite

28.05.2024Grande Partenza 2026 in Albanien?

(rsn) – Kurz nach dem Finale des 107. Giro d’Italia, der am Sonntag in Rom mit dem überlegenen Gesamtsieg von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) endete, kursieren bereits zahlreiche Berichte über

27.05.2024Martinez macht beim Giro einen Kindheitstraum wahr

(rsn) - Trotz eines fünften Platzes beim Giro d’Italia 2021 galt Daniel Martinez bisher eher als Mann für einwöchige Rundfahrten. Mit seinem zweiten Rang bei der 107. Italien-Rundfahrt hat der Ne

27.05.2024O´Connor zeigte beim Giro große Grand-Tour-Klasse

(rsn) – Viele Jahre galt Ben O´Connor (Decathlon AG2R La Mondiale) als Rohdiamant im Hinblick auf dreiwöchige Landesrundfahrten. Nach vielversprechenden Leistungen aber gelang es ihm bislang nur s

27.05.2024Bora-Teamchef Denk bestätigt Abschied von Buchmann

(rsn) – Nach den Verwerfungen im Zusammenhang mit der Giro-Ausbootung von Bora – hansgrohe war bereits über einen bevorstehenden Abschied von Emanuel Buchmann berichtet worden. Nun bestätigte Te

27.05.2024Giro-Debütant Steinhauser: “Grand Tours sind was für mich“

(rsn) – Mit einem Etappensieg und zwei dritten Plätzen kehrt Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) von seinem Grand-Tour-Debüt zurück. Der 22-jährige Allgäuer gehörte zu den großen Ü

27.05.2024Giro-Entdeckung Pellizzari auf dem Weg zu Bora - hansgrohe

(rsn) – Neben Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) war er die Entdeckung dieses Giro d´Italia: Giulio Pellizzari (VF Group – Bardiani CSF). Der 20-jährige Italiener aus den Marken fuhr

26.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

26.05.2024Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

26.05.2024Pogacar: “Das Rosa Trikot ist eine verrückte Erfahrung“

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

26.05.2024Merlier holt sich in Rom vor Milan seinen dritten Etappensieg

(rsn) – Der schnellste Sprint-Gladiator auf der Schlussetappe des 107. Giro d´Italia war Tim Merlier (Soudal – Quick Step). Der Belgier verwies nach 125 Kilometern in Rom auf der Zielgeraden am K

Weitere Radsportnachrichten

08.06.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

07.06.2024Die Aufgebote für die 87. Tour de Suisse

(rsn) – Am 9. Juni beginnt die 87. Ausgabe der Tour de Suisse mit einem 4,8 Kilometer langen Einzelzeitfahren in Vaduz im Fürstentum Liechtenstein. Es ist der Aufgalopp für die zweite große Tour-

07.06.2024Tour-Generalprobe Nummer 2: Kletter-Festival in der Schweiz

(rsn) – Während mit dem Critérium du Dauphiné (2.UWT) am Sonntag die ASO-´Generalprobe´ für die Tour de France (2.UWT) zu Ende geht, beginnt rund 400 Kilometer nordöstlich in Vaduz im Fürste

07.06.2024Boras Team-Buildung führt Roglic ins Gelbe Trikot

(rsn) - Die 76. Ausgabe Critérium du Dauphiné (2.UWT) ist so etwas wie ein Team-Building für Bora – hansgrohe. Die WorldTour-Mannschaft versucht eine Einheit zu werden, um Neuzugang Primoz Roglic

07.06.2024Zu viel Schnee: Tour de Suisse muss Nufenenpass streichen

(rsn) – Die 6. Etappe der am Sonntag, dem 9. Juni beginnenden Tour de Suisse (2.UWT) wird am 14. Juni nicht wie geplant von Locarno über den Nufenenpass ins Wallis und zur Bergankunft in Blatten-Be

07.06.2024Erneut starker Gee: “Vielleicht habe ich zu viel gearbeitet...“

(rsn) – Die erste der drei das Critérium du Dauphiné (2.UWT) abschließenden Bergankünfte hat das Gesamtklassement der achttägigen Rundfahrt im Südosten Frankreichs nochmal stark durchgeschütt

07.06.2024Wollaston bezwingt Vos in fragwürdigem Sprint um Zentimeter

(rsn) – Nach einem verletzungsbedingt verkorksten Frühjahr hat Ally Wollaston (AG Insurance – Soudal) mit einem Sprintsieg über Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) zum Auftakt der Katalonien-R

07.06.2024Van Gils knüpft in der Schweiz an seinen Frankfurt-Coup an

(rsn) - Für Maxim Van Gils (Lotto - Dstny) läuft es in diesem Jahr weiter rund. Fünf Wochen nach seinem Sieg bei Eschborn - Frankfurt (1.UWT) kehrte der 24-Jährige wieder in den Rennbetrieb zurü

07.06.2024ZLM Tour: Schultings Sieg gegen die Profis ist eine Sensation

(rsn) – Mit 36 Jahren ist Peter Schulting (Diftar) der älteste Teilnehmer der ZLM Tour (2.1). 16 Jahre fuhr der Niederländer auf Kontinental-Niveau, der Sprung zu den Profis war ihm nie vergönnt.

07.06.2024Geschlagen, aber cool geblieben: Evenepoel begrenzt Schaden

(rsn) – Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) hat zwei Tage nach seinem überlegenen Sieg im Einzelzeitfahren bei der ersten von drei aufeinanderfolgenden Bergankünften zum Abschluss des Critéri

07.06.2024Bora-Doppelschlag! Roglic holt Etappensieg und Gelb

(rsn) – Primoz Roglic (Bora – Hansgrohe) hat bei der schweren Bergankunft am Collet d´Avellard auf der 6. Etappe des Critérium du Dauphiné (2.UWT) bewiesen, in welch starker Form er sich befind

07.06.2024Kopecky zum Zweiten: Ausreißersieg nach Attacke am Horseshoe Pass

Lotte Kopecky (SD Worx – Protime) hat in Wrexham im Norden von Wales die 2. Etappe der Tour of Britain Women (2.WWT) gewonnen. Die Weltmeisterin aus Belgien setzte sich nach 140 Kilometern im Sprint

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Critérium du Dauphiné (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Dwars door het Hageland - (1.Pro, BEL)
  • ZLM Tour (2.1, NED)