Produzenten stellen sich der Verantwortung

Fahrrad und Ökologie: Neues aus der Branche

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19.06.2015  |  Wenn man nicht gerade zu Fuß geht, ist Fahrradfahren die ökologischste Art der Fortbewegung. Doch für die Herstellung von Fahrrädern und Zubehör werden natürlich auch Ressourcen und Energie verbraucht, sowie bisweilen Schadstoffe freigesetzt.

Einige Produzenten stellen sich dieser Verantwortung
bewusst, und auch offensiv in der Öffentlichkeit. „Gut oder giftig?“, „sauber oder schmutzig?“ - die Sachlage ist leider nicht so einfach... Das zeigen die vom pressedienst-fahrrad recherchierten Beispiele.

Die Fahrrad-Branche hat ein grünes Gen, und so setzen manche Produkte mittlerweile auch erkennbare Zeichen. Der „Becoz“ von Selle Royal (59,90 Euro) etwa unterscheidet sich sichtbar von anderen Fahrradsätteln: Organisches Material ersetzt hier die üblichen erdölbasierten Kunststoffe; selbst die Gel-Einlage besteht zum Teil aus Kork.

Oft sieht man den Produkten allerdings gar nicht an,
dass bei ihnen Wert auf Umweltverträglichkeit gelegt wird. Der Ausrüster Vaude beispielsweise gilt auf diesem Gebiet als ein Vorreiter der Outdoor-Branche, und orientiert sich an ökologischen wie an sozialen Kriterien.

Von der größtmöglichen Vermeidung von Schadstoffen über eine klimaneutrale Produktion am deutschen Firmen-Standort erstreckt sich das, bis hin zu fairen Arbeitsbedingungen in den weltweiten Produktionsbetrieben. Da gängige Bewertungs-Systeme oft keine umfassende Beurteilung des Produkts und seines Herstellungsprozesses zulassen, hat Vaude mit „Green Shape“ sogar ein eigenes Label geschaffen, das auf anerkannten Standards wie dem „Bluesign“-Zertifikat basiert, aber noch weit mehr umfasst.

Das Ergebnis sind hochtechnische Erzeugnisse,
die gegen Wind und Wetter genauso gewappnet sind wie für den Konkurrenzkampf am Markt – preislich, optisch und vor allem funktionell.

Ökologische Produkte wie die genannten Beispiele müssen kein Kompromiss sein, sondern können mit konventionell hergestellten mehr als mithalten. Sie müssen es sogar, denn wenn sie ihre Funktion nicht erfüllen, war die ganze Übung umsonst – „eine Verschwendung von Zeit und Ressourcen“, wie Lars Hellsten von Pedro’s deutlich formuliert.

Zudem habe man lernen müssen, dass selbst umweltfreundliche

Produkte schädlich für den Menschen sein können, gesteht Hellsten ein. Der Schmiermittel- und Werkzeug-Hersteller setzt daher auf einen Dreiklang, bei dem Umweltverträglichkeit nicht zulasten von Leistungsfähigkeit und Gesundheits-Aspekten erkauft werden darf.

So lobenswert der Verzicht auf vordergründig unökologische Materialien ist: Er ist keine notwendige Bedingung für die Nachhaltigkeit eines Produkts. Die Firma Ortlieb etwa, die ihre wasserdichten Fahrradtaschen zugunsten kurzer Transportwege und effizienter Qualitätssicherung komplett am fränkischen Firmen-Standort fertigt, legt dabei höchstes Augenmerk auf Langlebigkeit.

Das bedeutet in manchen Produkt-Linien,
lieber verantwortungsvoll robuste Kunststoffe einzusetzen als weniger funktionelle, und nicht zwangsläufig umweltfreundlicher erzeugte Naturmaterialien.

Ersatzteile bleiben mindestens zehn Jahre nach Auslauf eines Artikels auf Lager, der hauseigene Reparatur-Service rüstet zudem ältere Produkte auf aktuelle Technik um. „Nach 20 Jahren Einsatz zum ersten Mal zur Reparatur? Auch das erleben wir“, erklärt Pressesprecherin Christina Halasz nicht ohne Stolz.

Ein umstrittener Werkstoff ist auch Karbon –
vor allem wegen vermeintlich fehlender Recycling-Möglichkeiten. Doch ganz abgesehen von den darüber kursierenden Halbwahrheiten sollte man sich der Größenordnung bewusst sein: „Mit dem Karbon, das in einem einzigen Verkehrsflugzeug wie dem Airbus A380 oder dem Boeing Dreamliner verbaut wird, könnte man zehntausende von Fahrradrahmen herstellen“, erklärt Felix Puello, Leiter des Produkt-Managements bei Haibike.

Während andere Industrien den Einsatz von Karbon mit dem Verweis auf Treibstoff-Einsparungen sogar als Beitrag zum Umweltschutz deklarieren, lässt sich in der Fahrradbranche wahrscheinlich viel mehr durch eine nachhaltige Produktionsweise gewinnen.

Ein Gutes Beispiel für den verantwortungsvollen Umgang
mit Ressourcen ist die Firma Chris King. Deren Werk in Portland (Oregon, USA) ist ein geschlossenes System, in dem verwendete Schmiermittel, Brauchwasser und Produktionsabfälle gesammelt, aufbereitet und wiederverwendet werden.

Die bestmögliche Ausnutzung von Tageslicht ersetzt künstliche Beleuchtung, geheizt wird mit Abwärme aus der Produktion. Gleichzeitig wird neben einem geringen Gewicht der Produkte Wert auf höchste Qualität gelegt. Das hat seinen Preis – der allerdings meist gern bezahlt wird, schließlich genießt die Lebensdauer der Steuersätze, Lager und Naben einen legendären Ruf.

Ganz ähnlich hat Flyer im Jahr 2009 den Umzug
an einen neuen Standort für eine umweltfreundliche Ausrichtung der Produktion genutzt. Das Werksgebäude entspricht dem strengen Schweizer Passivhaus-Standard „Minergie-P“, und wird über eine Erdsonden-Wärmepumpe geheizt bzw. im Sommer gekühlt.

Es geht jedoch nicht nur in die Tiefe, eine wahre Energie- und Ressourcen-Quelle ist das Dach: Der gesammelte Regen deckt mehr als die Hälfte des gesamten Wasserverbrauchs. Für warmes Wasser sorgen Sonnenkollektoren, die es auf bis zu 100 Grad erhitzen, so dass es, bevor es genutzt werden kann, mit kaltem Wasser gemischt wird.

Zudem erzeugt eine über 900 Quadratmeter große
Photovoltaik-Anlage jährlich einen Energie-Überschuss, der für rund eine halbe Million Kilometer auf dem E-Bike reicht. Der Pedelec-Pionier aus der Schweiz symbolisiert damit gleichzeitig, wie sehr es von der Betrachtungsweise abhängt, was gut für die Umwelt ist.

Mit dem E-Bike verbraucht jetzt zwar auch das Fahrrad "künstlich" erzeugte Energie. Wenn dadurch jedoch das Auto häufiger stehenbleibt, fällt die Öko-Bilanz – ganz abgesehen davon, dass der Strom aus regenerativen Quellen stammen kann – in jedem Fall positiv aus.

Übrigens geht es auch andersherum:
Der Scheinwerfer „Luxos“ von Busch & Müller (189 Euro) verwandelt nebenher Muskelkraft in Energie für alle möglichen Geräte, und spart damit nicht nur „schmutzigen“ Strom, sondern erlaubt – etwa auf Radreisen – den Einsatz von Akkus, wo sonst auf Einweg-Batterien zurückgegriffen werden müsste.

Nicht immer fallen die Antworten auf die Umweltfrage so eindeutig aus, das haben die angeführten Beispiele aufgezeigt. Am Ende können die Hersteller nur möglichst transparente Angebote schaffen.

Das Fahrrad ist in der Gesamtschau kein Null-Emission-Fahrzeug.

Was im Einzelnen sinnvoll und vertretbar ist, muss jeder selbst entscheiden. Das Wissen um die Produkte, und wie sie hergestellt werden, hilft dabei. Das Verantwortungsbewusstsein des Kunden kann es aber nicht ersetzen...

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