Ein legaler “Workaround“, um Zeitstrafen zu vermeiden

Super-Tuck-Verbot: Kommt jetzt die versenkbare Sattelstütze?

Von Wolfgang Preß

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Bei der Tour de France 2017 waren die Räder des “Mavic Neutral Support“ mit Tele-Stützen ausgestattet. Die Fahrer konnten so die Sattelhöhe während der Fahrt einstellen, und verloren keine Zeit beim Umsteigen auf das Ersatzrad. | Foto: Mavic

22.03.2021  |  (rsn) - Das Verbot der Super-Tuck-Position in UCI-Rennen ab 1. April hat nicht nur in der Profi-Szene für ziemlichen Wirbel gesorgt. Fahrer ärgerten sich, dass ihnen ein Taktik-Werkzeug genommen würde, und viele wiesen darauf hin, dass es wohl wichtigere Themen gäbe, welche die UCI angehen sollte. Selten hat eine kleine Regeländerung so große Wellen geschlagen.

Doch die UCI hat eine Menge Regeln, über deren Sinn man streiten kann - Beispiel Sockenlänge. Und die Teams haben immer wieder clevere Wege gefunden, um entsprechende Bestimmungen in ihrem Sinn auszulegen. Auch das Verbot der Super-Tuck-Position hat schon erste Teams zum Nachdenken gebracht, wie cyclingnews.com kürzlich berichtete - und die britischen Kollegen spekulierten: Wird diese Entscheidung der UCI die versenkbare Sattelstütze ins Renngeschehen bringen?

Eine versenkbare Sattelstütze am Rennrad? Wozu das denn? Der Reihe nach: Eine Tele-Sattelstütze kann über einen Hebel am Lenker in der Höhe verstellt werden. Wer mit dem Bike im Gelände unterwegs ist, kann damit den Sattel aus dem Weg schaffen, wenn er in einem steilen Bergabstück seinen Hintern und damit das Gewicht nach hinten verlagern will.

Dabei sind Dropper Posts, wie sie auf englisch heißen, auch an Rennrädern nicht wirklich neu: Bereits 2017 waren die Ersatzräder des "Mavic Neutral Support" bei der Tour de France mit Tele-Stützen von KS ausgestattet. Sie hatten 65 Millimeter Verstellweg und wurden durch eine Zugschlaufe direkt an der Stütze betätigt. Die Idee dabei war, die Sattelhöhe an den "Neutral Support Bikes" während der Fahrt zu verstellen, damit die Fahrer keine Zeit verlieren, bis der Mechaniker die Sattelhöhe eingestellt hat.

Basso hatte schon zu Liquigas-Zeiten eine Tele-Sattelstütze

Ein weiteres Beispiel hat cyclingnews.com gefunden: Ivan Basso hatte eine Tele-Sattelstütze an seinem Renner, als er für Liquigas fuhr. Er bevorzugte damals bei hoher Kadenz eine etwas niedrigere Sattelhöhe und eine höhere Position, wenn er mit niedrigen Drehzahlen unterwegs war. Mit der Tele-Stütze konnte er seine Sitzhöhe problemlos während der Fahrt verändern.

Lange Zeit waren diese höhenverstellbaren Vario-Sattelstützen Mountainbikes vorbehalten, denn für den bei Rennrädern üblichen Sattelrohr-Durchmesser gab es keine passenden Tele-Stützen. Das änderte sich mit dem Aufkommen der Gravelbikes, die oft mit 27,2-mm-Stützen ausgerüstet sind. Hersteller wie Liteville aus dem Allgäu, Bombtrack aus Köln, auch Specialized oder Scott, bauen Vario-Stützen in ihre Trail-orientierteren Gravelbikes ein, um den Fahrer/innen in schwierigerem Gelände eine niedrigere, sichere Sitzposition zu ermöglichen - oder auch, um in steilen Abfahrten hinter den Sattel zu kommen.

Zudem macht eine niedrigere Sitzposition schnelle Kurvenfahrten sicherer, etwa in der Abfahrt: Wenn man dann aus dem Sattel geht, hat man mehr Hebelkraft, um die Reifen auf die Straße zu drücken und die Traktion zu erhöhen; das funktioniert aber nur, wenn man tiefer sitzt.

Zurück zum Thema Super Tuck: Bei niedrigerem Sitz ist der Körper kompakter, man kann die Ellbogen beugen, und man kommt so je nach Verstellhöhe der Stütze bis zu drei Viertel in die Super-Tuck-Position - aber mit voller Kontrolle über das Rad. Natürlich ist das nicht so aerodynamisch wie voll eingeklappt auf dem Oberrohr sitzend - aber dafür ohne Gefahr, weder sich an der Sattelnase einzuklemmen, noch einer 30-Sekunden-Strafe.

Ab 1. April Vario-Stützen an Profi-Rennrädern?

Und natürlich ist eine Vario-Sattelstütze schwerer als eine Carbon-Stütze. Die derzeit leichteste 27,2-mm-Tele-Stütze ist die DT Swiss Upside-Down D 232 One mit einem Gewicht von 369 Gramm - fast doppelt so viel wie eine Standard-Carbon-Sattelstütze. Aber solange in Rennen die 6,8-Kilogramm-Grenze der UCI noch gilt, sind auch 200 Gramm Mehrgewicht kein echtes Problem. Derzeit müssen die World-Tour-Mechaniker bei den meisten Rennern Bleigewichte in die Innenseite des Sitzrohrs kleben.

Ein echtes Problem könnte allerdings sein, dass die meisten Tele-Sattelstützen rund sind, und die überwiegende Mehrheit der Sitzrohre moderner Rennräder aber nicht, vor allem auf der World Tour. Immerhin stellt BMC bereits einen ovalen Dropper Post her, genannt "Race Application Dropper", der in den "Four Stroke"-XC-Bikes verwendet wird. Auch das also ein lösbares Problem.

Werden wir also ab dem 1. April Vario-Stützen an Profi-Rennrädern sehen? Oder ist das Ganze nicht mehr als ein Scherz? Viele Rennradler, vor allem unter den Profis, sind neuen Ideen gegenüber ja oft eher skeptisch - siehe Scheibenbremsen: Es hat lange gedauert, bis sie sich im Peloton verbreiteten. Dabei könnten Tele-Stützen den Profis durchaus helfen, schneller zu sein - genau wie Aero-Rahmen, Aero-Laufräder, überdimensionierte Umwerfer oder Rennketten.

Vielleicht bringt ein Dropper Post auf einer Abfahrt ja irgendwann mal einem vorurteilsfreien Profi den entscheidenden kleinen Vorteil, der zum Sieg führt. Ich tippe auf einen Ex-Mountainbiker wie Jakob Fuglsang, Ben Zwiehoff - vielleicht sogar Peter Sagan? Die kennen die Tele-Stütze von ihren Bergrädern. Man darf gespannt sein, ob wir das mal erleben werden.

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