Slowene gewinnt Giro-Bergzeitfahren

Trotz Panne: Roglic nimmt Thomas am Monte Lussari Rosa ab

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Trotz Panne: Roglic nimmt Thomas am Monte Lussari Rosa ab"
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) hat im Bergzeitfahren des Giro d´Italia das Rosa Trikot erobert und steht vor dem Gesamtsieg. | Foto: Cor Vos

27.05.2023  |  (rsn) – Primoz Roglic (Jumbo – Visma) hat trotz einer Panne das Bergzeitfahren des 106. Giro d’Italia gewonnen und Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) auf der 20. Etappe noch das Rosa Trikot abgenommen. Der 33-jährige Slowene benötigte für die 18,5 Kilometer von Tarvisio zum Monte Lussari auf 1.766 Metern Höhe 44:23 Minuten und war damit 40 Sekunden schneller als der 37-jährige Waliser, der auch im Gesamtklassement auf den zweiten Platz zurückfiel. Roglic geht mit 14 Sekunden Vorsprung gegenüber Thomas auf die morgige Schlussetappe, die in Rom mit einem Massensprint enden dürfte, und wird damit aller Voraussicht nach seinen ersten Triumph bei einer Italien-Rundfahrt feiern.

Dritter des Zeitfahrens wurde mit 42 Sekunden Rückstand der Portugiese Joao Almeida (UAE Team Emirates), der 1:15 Minuten hinter Roglic auch Rang drei im Gesamtklassement belegt. Der Italiener Damiano Caruso (Bahrain Victorious) sicherte sich den vierten Platz vor dem Franzosen Thibaut Pinot (Groupama – FDJ), der sich noch hinter Caruso auf den fünften Rang verbesserte .

Der Deutsche Zeitfahrmeister Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) belegte mit 2:18 Minuten Rückstand auf den Tagessieger Platz 14 und wurde im Gesamtklassement vom Norweger Andreas Leknessund (DSM) noch vom achten auf den neunten Platz verdrängt.

Roglic steht vor seinem ersten Giro-Triumph

Roglic steht nach drei Triumphen bei der Vuelta nun vor seinem vierten Sieg in einer Grand Tour. “Es ist fantastisch. Es geht nicht nur um den Sieg, es geht um die Menschen, die Energie hier“, freute sich der 33-jährige Slowene im Ziel-Interview, während hinter ihm zahlreiche slowenische Fans lautstark seinen Namen skandierten. “Es ist unglaublich. Das sind Momente, an die ich mich immer erinnern werde“, meinte Roglic sichtlich gerührt.

Immer wieder wurde die 20. Etappe der Tour de France an der Planche des Belles Filles ins Gedächtnis gerufen. Damals verlor Roglic im Bergzeitfahren den sicher geglaubten Toursieg an seinen Landsmann Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Als dem Jumbo – Profi kurz nach der zweiten Zwischenzeit nach einem Defekt vom Rad musste, deutete sich ein neues Drama an. “Mir ist die Kette runtergefallen. Das gehört dazu. Angst hatte ich nicht. Ich habe die Kette wieder aufgelegt und bin einfach weitergefahren“, beschrieb er die Szene.

Durch dieses Missgeschick hatte er die 16 Sekunden, die er zu diesem Zeitpunkt auf Thomas herausgefahren hatte, wieder verloren. Doch Roglic kämpfte und fuhr sich schnell wieder einen Vorsprung auf den Mann im Rosa Trikot heraus. “Ich hatte gute Beine, aber die Menschen haben mir extra Watt gegeben. Ich habe es genossen“, blickte er zurück. Über den anstehenden Gesamtsieg wollte er sich allerdings noch nicht freuen: “Einen Tag haben wir noch vor uns, einmal müssen wir uns noch konzentrieren. Die Runde dort ist ziemlich technisch. Es ist nicht vorbei, bevor es vorbei ist“, sagte er mit Blick auf die Schlussetappe in Rom.

Einen schweren Gang vors Mikrofon hatte Thomas nach seiner Niederlage vor sich. “Ich will nicht nach Entschuldigungen suchen. Irgendwie hatte ich nicht den richtigen Druck auf dem Pedal“, erklärte der 37-Jährige niedergeschlagen. 40 Sekunden verlor er trotz des Defektes seine Konkurrenten. “Ich verliere lieber mit so einem Rückstand als mit einer oder zwei Sekunden. Immerhin hat er es mir richtig gegeben. Und um ehrlich zu sein: Dann verdient er es“, resümierte der Waliser, der vor dem Giro kein nennenswertes Resultat erzielen konnte und dementsprechend versuchte, auch das Positive dieser Rundfahrt zu sehen: “Wenn mir das jemand im März vorhergesagt hätte, hätte ich mich wahnsinnig gefreut. Aber jetzt bin ich wirklich enorm enttäuscht.“

Kämna fiel vom achten auf den neunten Gesamtrang zurück

Kämna verpasste auch am Samstag seine erste Top-Ten-Tagesplatzierung bei dieser Italien-Rundfahrt. Der Deutsche Zeitfahrmeister verlor seinen achten Platz an Andreas Leknessund (DSM), fährt aber als Neunter einem sehr starken Gesamtresultat entgegen. Der bisherige Fünfte Eddie Dunbar (Jayco – AlUla) musste ebenfalls Konkurrenten an sich vorbeilassen, neben Pinot passierte auch der neue Gesamtsechste Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) den Iren.

In den Sonderwertung bleib alles beim Alten. Pinot wird das Blaue Trikot des besten Kletterers mit nach Frankreich nehmen. Das Maglia Ciclamino von Jonathan Milan (Bahrain Victorious) war ebenso wenig in Gefahr wie Almeidas erster Platz im Nachwuchsklassement von.

So lief die 20. Etappe des Giro d’Italia:

Als Bob Jungels (Bora – hansgrohe) um 16:05 Uhr den letzten von drei Startblöcken eröffnete, saß Matthew Riccitello (Israel – Premier Tech) auf dem Hot Seat. Der Neoprofi aus den USA war 1:57 Minuten schneller als der zweitplatzierte Franzosen Thomas Champion (Cofidis) und konnte auf eine Top-Ten-Platzierung hoffen.

Ein UAE-Duo dämpfte die Erwartungen des 21-Jährigen dann allerdings. Zunächst war Jay Vine drei Sekunden schneller, wenig später verbesserte Brandon McNulty dessen Zeit um gleich 46 Sekunden. Mit Sepp Kuss (Jumbo – Visma) überraschte ein weiterer US-Amerikaner im Ziel. Der Kletterkünstler lag bei der letzten Zwischenzeit um noch 43 Sekunden zurück. Diesen Rückstand konnte er bis zum Ziel in einen Vorsprung von zwei Sekunden umwandeln.

Die ersten Favoriten konnten die Bestzeiten nicht unterbieten, doch mit Caruso, Almeida, Roglic und Thomas setzten sich dann die besten Vier des Klassements beim ersten Messpunkt an die Spitze des Rennens. Bei der zweiten Zwischenzeit waren Caruso und Almeida zeitgleich mit Kuss, der im Ziel allerdings von Pinot um sechs Sekunden überflügelt wurde.

Das Profil der 20. Etappe des Giro d‘Italia. | Foto: RCS Sport

Fast im selben Momente erreichte Roglic die zweite Zwischenzeit, wo er 32 Sekunden schneller war als das Trio Kuss/Almeida/Caruso. Nur wenige Meter später fiel ihm dann aber in einem Entwässerungsloch die Kette herunter. Er musste absteigen und verlor dabei ungefähr 15 Sekunden. Das war wiederum die Zeit, die Thomas zeitgleich am zweiten Messpunkt gegenüber dem dreimaligen Vuelta-Champion eingebüßt hatte. Ein Drama deutete sich an.

Caruso war im Ziel zehn Sekunden schneller als Kuss und unterbot auch die Bestzeit des starken Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) um vier Sekunden. Kurz darauf ließ dann aber Almeida den besten Italiener dieses Giro um 13 Sekunden hinter sich. Roglic flog jetzt regelrecht den Berg hinauf und war im Ziel 42 Sekunden schneller als der Gesamtdritte.

Die inoffiziellen GPS-Werte zeigten nun schnell, dass dies wohl nicht nur zum Etappen-, sondern auch zum Rundfahrtsieg reichen würde. Dies wurde bestätigt, als der ebenfalls bis zum letzten Meter kämpfende Thomas unter Buhrufen eines Teils des Publikums das Ziel mit 40 Sekunden Rückstand auf Roglic erreichte.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.05.2024Pogacar nach Giro-Triumph entspannt zur Tour

(rsn) – Die 107. Austragung des Giro d´Italia stand ganz im Zeichen von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Der Slowene drückte der Rundfahrt vom Start weg seinen Stempel auf, gewann fast ein Drit

23.11.2023Buitrago will erstmals zur Tour und um das Weiße Trikot kämpfen

(rsn) – Nach zwei Giro-Etappensiegen in den beiden vergangenen Jahren hofft Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) in der kommenden Saison auf sein Tour-de-France-Debüt. Dann möchte der Kolumbiane

31.07.2023Baudin nach Tramadol-Missbrauch vom Giro disqualifiziert

Neo-Profi Alex Baudin (AG2R - Citroen) ist nachträglich vom Giro d´Italia 2023 ausgeschlossen worden. Das teilte die UCI am Montag mit. Grund dafür ist der Fund des Schmerzmittels Tramadol in den B

04.06.2023ASO plant Corona-Protokoll für die 110. Tour de France

(rsn) – Nachdem beim diesjährigen Giro d’Italia zahlreiche Fahrer wegen Corona-Infektionen ausschieden, werden die Organisatoren der Tour de France laut der französischen Nachrichtenagentur AFP

01.06.2023“Fanboy“ Heßmann zitterte mit Roglic am Monte Lussari

(rsn) – Viel besser hätte das Grand-Tour-Debüt für Michel Heßmann (Jumbo – Visma) nicht laufen können. Während der Deutsche mit einigen Teamkollegen auf dem Monte Lussari wartete, sicherte s

31.05.2023Thomas enttäuscht, “dass ich es nicht vollenden konnte“

(rsn) – Um ganze 14 Sekunden musste sich Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) beim 106. Giro d´Italia Primoz Roglic (Jumbo – Visma) geschlagen geben. Der 33-jährige Slowene nahm dem Briten am vorle

31.05.2023Startet Giro-Sieger Roglic auch bei der Tour de Suisse?

(rsn) – Giro-Sieger Primoz Roglic wurde am Dienstag in Amsterdam von seinem Team Jumbo – Visma mit einer großen Feier geehrt. Die Veranstaltung nutzte der niederländische Fernsehsender NOS, um d

30.05.2023Pinot will nach dem Giro auch die Abschieds-Tour

(rsn) – Nach seiner erfolgreichen Abschiedsvorstellung beim Giro d’Italia, den er auf Rang fünf beendete, will Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) nun auch ein letztes Mal bei der Tour de France sta

29.05.2023Kriegers Giro-Leiden wurden mit Rang fünf in Rom belohnt

(rsn) - Alexander Krieger (Alpecin - Deceuninck) beendete den mit vielen Tiefschlägen verbundene 106. Giro d`Italia mit einem sportlichen Ausrufezeichen. Der Stuttgarter belegte auf der Schlussetappe

29.05.2023Entdeckungen und Ãœberraschungen: Die Geschichten des Giro

(rsn) – Vor dem 106. Giro d’Italia schien die Ausgangsposition klar zu sein: Es würde ein Duell um den Gesamtsieg zwischen Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) und Primoz Roglic (Jumbo – Vis

29.05.2023Ackermanns Traum vom Sieg beim Giro-Finale endete in der Bande

(rsn) - Vor drei Jahren gewann Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) in Madrid die Schlussetappe der Vuelta a Espana. Das Kunststück wollte der Pfälzer auch beim 106. Giro d’Italia beim Finale in R

28.05.2023Thomas lotst Cavendish in Rom zum letzten Etappensieg

(rsn) – Sieben Sprints hatte der 106. Giro d’Italia und jedes Mal gab es einen anderen Sieger. Beim letzten Akt spurtete Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) in Rom nach 126 Kilometern mit großem Vo

Weitere Radsportnachrichten

01.06.2024UAE will Pogacars Tour-Konkurrenten nächsten Dämpfer verpassen

(rsn) – Nach der dominanten Vorstellung von Tadej Pogacar beim Giro d´Italia will das UAE Team Emirates dessen Kontrahenten für die Tour de France beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) an den komme

01.06.2024Die Aufgebote für das 76. Critérium du Dauphiné

(rsn) – Am 2. Juni beginnt die 76. Ausgabe des Critérium du Dauphiné mit einer hügeligen Etappe rund um Saint-Pourcain-sur-Sioule. Am Start stehen unter anderem Primoz Roglic (Bora - hansgrohe) u

01.06.2024Jorgenson und Kuss führen Visma beim Dauphiné an

(rsn) – Mit Gesamtsiegen in allen drei Grand Tours war Jumbo – Visma 2023 das Rundfahrtteam schlechthin. Doch nach dem Abgang von Primoz Roglic und den Verletzungen von Jonas Vingegaard und Wout v

01.06.2024Dänemarks Olympia-Quartett für die Straße ist komplett

(rsn) – Mads Pedersen, Mattias Skjelmose (beide Lidl – Trek), Michael Morkov (Astana Qazaqstan) und Mikkel Bjerg (UAE Team Emirates) werden Dänemark bei den Olympischen Spielen in Paris auf der S

01.06.2024Valentin Paret-Peintre auf dem Weg zu Soudal - Quick-Step

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

01.06.2024Dominanter Dreifachsieg am Flugfeld in Markersdorf

(rsn) - Rund um den früheren Fliegerhorst in Markersdorf ging es auf der 2. Etappe der Sportland NÖ Womens Kids Tour in Österreichs einzigem Etappenrennen für Frauen. Die Zuschauer dort erlebten e

31.05.2024Malopolska: Rapp nach Aufholjagd Siebter

(rsn) - Auf der schweren 1. Etappe der Tour of Malopolska (2.2), die mit einer vier Kilometer langen Bergankunft zu Ende ging, hat sich Jonas Rapp (Hrinkow Advarics) trotz eines Defektes in einem ung

31.05.2024Rüeggs spätes Solo wird nur mit dem Bergtrikot belohnt

(rsn) - Lukas Rüegg (Team Vorarlberg) hat nach einer späten Attacke auf der 2. Etappe der Tour de l`Oise (2.2) knapp den Etappensieg verpasst. Der Schweizer wurde rechtzeitig zum Sprintfinale wiede

31.05.2024Tour du Maroc: Homrighausen wusste, worauf es ankam

(rsn) – Nachdem er 2022 bereits den in Tarfaya endenden GP Oued Eddahab (1.2) gewonnen hatte, verpasste Heiko Homrighausen (Embrace The World) an gleicher Stelle nun zum Auftakt der Marokko-Rundfah

31.05.2024Behrens verpasst bei U23-Friedensfahrt knapp das Podium

(rsn) - Niklas Behrens (U23 Nationalmannschaft) hat auf der 2. Etappe der Friedensfahrt (2.NC) knapp das Podium verpasst. Nach Rang neun zum Auftakt fuhr der 20-Jährige am Freitag nach anspruchsvoll

31.05.2024Doppel-Rennwochenende der Rad-Bundesliga abgesagt

(rsn) - Die beiden für das Wochenende geplanten Läufe der Rad-Bundesliga sind abgesagt worden. Sowohl das Rennen am Samstag in Bad Salzungen als auch die Erzgebirgsrundfahrt am Sonntag können aufgr

31.05.2024Leidgeprüfter van Eetvelt auf Teneriffa von Auto angefahren

(rsn) – Seit seinem Durchbruch bei der UAE Tour (2.UWT), die er für sich entscheiden konnte, läuft es bei Lennert van Eetvelt (Lotto – Dstny) alles andere als rund. Wegen schwerwiegenden Kniepro

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Heistse Pijl (1.1, BEL)