Interview mit dem U23-Bundestrainer

Grabsch: “Will nicht alles auf Kretschy und Teutenberg auslegen“

Von Christoph Adamietz

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U23-Bundestrainer Ralf Grabsch | Foto: Cor Vos

25.01.2024  |  (rsn) – Ralf Grabsch startet in sein 13. Jahr als U23-Bundestrainer. Im Interview mit radsport-news.com blickt der Ex-Profi auf die vergangene Saison zurück, erklärt, warum Niklas Behrens noch im Kader für 2024 fehlt und wer die künftigen Leistungsträger im Nationaltrikot sein sollen.

Herr Grabsch, bevor wir nach vorn schauen: Wie fällt Ihr Saisonfazit 2023 aus?
Ralf Grabsch: Von den Ergebnissen her sehr gut. Wir sind mit dem dritten Rang von Henri Uhlig bei Gent-Wevelgem gestartet, dann wurde Hannes Wilksch beim Orlen Nations Grand Prix Dritter, bei der WM und EM wurden wir durch Moritz Kretschy und Tim Torn Teutenberg jeweils Sechster, dazu hatten wir bei beiden Rennen weitere gute Platzierungen, das waren schon herausragende Ergebnisse. Was nicht so gut lief, war die Tour de l`Avenir. Dort hatten wir mit Wilksch große Hoffnungen. Er war auch gut vorbereitet, aber er ist mit den zähen Witterungsbedingungen in den Bergen nicht wirklich klargekommen. Beim Course de la Paix wurde Uhlig im Prolog Zweiter, auf der 1. Etappe 300 Meter vor dem Ziel sind Tobias Müller und Uhlig aber in der Zielkurve gestürzt, da wurde der Etappensieg hergeschenkt und dann kam noch ein Magen-Darm-Virus hinzu, wodurch wir Kretschy und Uhlig verloren haben. Aber ganz allgemein war ich sehr zufrieden. Sehr positiv habe ich auch das Miteinander und das Zusammenspiel der ganzen Mannschaft erlebt. Jeder hat sich für jeden aufgeopfert. Für mich ist das ein sehr wichtiger Punkt, dass wir auf mannschaftlicher Ebene einen extrem guten Weg eingeschlagen haben. Wenn wir das so weiterführen, sollten wir auch 2024 erfolgreich fahren.

Mit Henri Uhlig (Alpecin - Deceuninck) und Hannes Wilksch (Tudor) schafften gleich zwei Fahrer den Sprung zu den Profis, anderen wie etwa Pierre-Pascal Keup blieb das trotz vieler guter Resultate verwehrt. Wie sehr schmerzt sie das als Bundestrainer?
Grabsch: Natürlich schmerzt das schon. Ich mache mir dann schon Gedanken, warum ein Fahrer den Schritt nicht geschafft hat. Der Radsport ist letztlich aber ein hartes Geschäft. Keup etwa hat 2022 und 2023 viele gute Ergebnisse geholt und es trotzdem nicht geschafft. Es ist einfach kein Selbstläufer, bei den Profis Fuß zu fassen. Man muss manchmal dann einfach Glück haben und im richtigen Moment am richtigen Ort sein. Ich hatte eine ähnliche Situation schon vor zwei Jahren mit Pirmin Benz, Jakob Geßner und Jannis Peter erlebt, die allesamt auf einem hohen Niveau waren, aber dann nicht die Möglichkeit bekamen, Profi zu werden. Ich würde den Jungs am liebsten allen einen Profivertrag geben, aber in dieser Position bin ich leider nicht. Das wäre zu schön, um wahr zu sein. So kann ich die Jungs nur bestmöglich unterstützen und motivieren.

Wird es Veränderungen im Nationalkader geben?
Grabsch: Der Nationalkader wird sich schon etwas ändern. Wir werden eine Mischung aus jungen und älteren U23-Fahrern haben. Dabei sein werden Silas Köch, Henri Appelbaum (beide Rembe Sauerland), Vincent John (rad-net Oßwald) und Nick Bangert (Santic – Wibatech), die sich aufgrund ihrer Leistungen angeboten haben. Aus der U19 sind Louis Leidert (Lidl – Trek Devo), Ferdinand Beirig (Santic – Wibatech) und Jermaine Zemke (Maloja Pushbikers) dazugekommen. Da erhoffe ich mir viel. Sie stehen mitten in der Entwicklung und ich bin zuversichtlich, dass sie schnell den Anschluss auf nationaler Ebene herstellen können und dann Schritt für Schritt auch international Fuß fassen. Mit Wilksch, Uhlig und Keup haben wir natürlich auch gravierende Abgänge, die wir erst mal kompensieren müssen, aber ich bin da schon sehr zuversichtlich.

Wird sich am Rennkalender der U23-Nationalmannschaft etwas ändern? Grabsch: Die Jahresplanung im Vergleich zu 2023 ist nahezu unverändert. Leider haben wir mit dem Orlen Nations Grand Prix, dem Course de la Paix und der Tour de l`Avenir nur drei Rundfahrten im Nationscup, was ich für viel zu wenig halte. Klassische Eintagesrennen, bei denen man schauen könnte, wie sich U23-Fahrer entwickelt haben, gibt es keine. Wir haben da nur die WM und die EM. Ich finde, die UCI macht es sich da etwas einfach und schaut sehr auf die Devo-Teams der WorldTour.Rennställe, in der Hoffnung, dass die Fahrer über deren Rennprogramm genügend Wettkämpfe haben. Der männliche U23-Bereich wird von der UCI in meinen Augen vernachlässigt, dabei sind die vier Jahre in der U23 meiner Meinung nach sehr wichtig, gerade mit Blick auf die folgende Profikarriere. Der weibliche U23-Bereich etwa wird mit einer 2023 erstmals ausgetragenen Tour de l`Avenir gerade gestärkt, so stelle ich mir das auch bei den Männern vor.

Viele U23-Fahrer fahren bereits für Profiteams. 2022 haben sie in der Nationalmannschaft vermehrt auf Profis gesetzt, 2023 dann eher weniger. Wie gehen Sie es 2024 an?
Grabsch: Ich halte die Tür für die Jungs offen. Ich bin etwa in einem sehr guten Austausch mit Emil Herzog (Bora – hansgrohe), das war ich auch schon im letzten Jahr. Er hat auch noch Ziele im U23-Bereich, ich würde mich freuen, wenn er sein Leistungsvermögen wieder herstellt, nachdem gesundheitlich zuletzt bei ihm nicht alles so funktioniert hat. Aber ich bin zuversichtlich, ich denke schon, dass ich wieder den einen oder anderen WorldTour-Profi einbauen werde. Es muss passen, die Bereitschaft muss da sein. Ich bin da flexibel und gesprächsbereit.

Zwei ihrer Stützen der letzten Saison, Moritz Kretschy und Tim Torn Teutenberg, sind im Winter gewechselt und fahren jetzt für die Devo-Teams von Israel – Premier Tech beziehungsweise Lidl - Trek. Werden Sie trotzdem weiterhin auf die beiden bauen können?
Grabsch: Mit Kretschy habe ich schon besprochen, was ich mir vorstelle. Da liegt es daran, wie die Jahresplanung beim Team aussieht. Das gleiche gilt auch für Teutenberg. Er hat ja noch zusätzlich den Höhepunkt Olympia. Da muss man auch schauen, wie seine eigene Planung aussieht. Er hat die letzten Jahre gezeigt, dass er auf der Straße ein wichtiger Mann ist, zuletzt ist er bei einem etablierten Profirennen in Valencia Dritter geworden, ein absolutes Highlight. Man sieht, in welche Richtung sein Leistungsniveau geht. Wenn sie 2024 ihre Einsätze in der Nationalmannschaft haben, dann werden beide auch absolute Leistungsträger für uns sein.

Wen haben Sie für die kommende Saison noch auf der Rechnung?
Grabsch: Bei Ole Theiler (Storck – Metropol), der Ende der Saison in der Bundesliga herausragend war, bin ich optimistisch, dass er auch auf internationaler Ebene den Durchbruch schafft. Auch Julian Borresch (Rembe Sauerland), Daniel Schrag (Maloja Pushbikers), Luca Dreßler, Cedric Abt (beide Lotto – Kern Haus), Roman Duckert (Storck – Metropol) und auch Köch und John sind auf dem Sprung, auf internationaler Ebene Ergebnisse einzufahren. Das Potenzial bringen sie mit. Junge Fahrer entwickeln sich teilweise auch sehr schnell. Ich hoffe, dass sie einschlagen und wir nicht alles auf Kretschy und Teutenberg auslegen müssen.

In Ihrer Auflistung fehlt Niklas Behrens, der 2023 als Stagiaire für Storck – Metropol eine Etappe bei der Flanders Tomorrow Tour gewann und nun für Lidl – Trek Development seine erste komplette KT-Saison in Angriff nimmt….
Grabsch: Auf ihn bin ich sehr gespannt. Er hat alle Möglichkeiten, aber man muss seine Entwicklung abwarten. Ich habe ihn jetzt noch nicht in die Nationalmannschaft genommen, weil er sich bei Lidl - Trek erstmal in seinem neuen Umfeld einleben soll, dazu ist es seine erste Saison unter komplett professionellen Bedingungen. Ich möchte ihn dort erst mal ohne Druck in seinem neuen Team fahren lassen. Ich bin aber auch flexibel und kann ihm jederzeit in der Nationalmannschaft die Chance geben. Er ist definitiv in meinem Blickfeld.

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