Radsport aktiv dokumentiert

High Road: So funktionert das ACE-Programm

11.12.2007  |  (Ra) – Mit einem unabhängigen Programm will Bob Stapletons Team High-Road ein deutliches Zeichen im Anti-Dopingkampf setzen. Radsport aktiv dokumentiert, wie das sogenannte ACE-Programm, dass auch vom US-amerikanischen Slipstream-Rennstall angewendet wird, funktioniert.

Wie das ACE-Programm funktioniert
Das ACE-Programm ist ein umfassendes Anti-Doping-Programm, das drei Kategorien von Doping-Missbrauch testet: Blut-Doping, anabole Steroide und den Gebrauch von Hormonen wie z.B. hGH. Das Programm unterscheidet sich von anderen in Umfang und Ausgestaltung. Es beinhaltet jährlich mindestens 26 Blut-, Urin- und Serum-Tests eines jeden Athleten. Der Schlüssel ist die Kombination dieser hohen Testanzahl und die Langzeitanalyse der ermittelten Daten.

Die UCI hat sich einverstanden erklärt, sämtliche durch ACE zur Verfügung gestellten Daten des Team High Road und der Slipstream-Équipe zu akzeptieren. Die UCI wird über ein von ACE bereit gestelltes Sicherheitsprotokoll Zugang zu allen Daten erhalten. Der gemeinsame Zugriff auf die Daten unterstützt damit auch den Blutpass der UCI, der 2008 umgesetzt werden soll.

Langzeit-Analyse
Die extensive Nutzung der Langzeit-Analyse erlaubt im Gegensatz zu traditionellen Anti-Doping-Techniken sowohl die frühe Erkennung von möglichem Doping als auch eine weiter zurück liegende Anwendung von Dopingmitteln sowie Doping mit wesentlich kleineren Mengen. Im Gegensatz zu den bisherigen Anti-Doping-Tests kann Doping mit Mitteln und Substanzen erkannt werden, die bisher nicht festgestellt werden konnten. Der Grund dafür ist, dass biologische Parameter große Abweichungen zwischen verschiedenen Individuen haben, jedoch relative kleine Abweichungen bezogen auf eine Person. Als ein Beispiel wird der Stimulations-Index („Off-Score“) durch die UCI als Zeichen für mögliches Doping verwendet, wenn er den Wert 133 überschreitet. Die von der UCI akzeptierte Abweichung beträgt 5 Standardabweichungen von der Norm, wobei einige Menschen nur eine Abweichung von 2 Standardabweichungen vom persönlichen Normalwert haben.

Als einfaches Beispiel kann ACE mittels Langzeit-Analyse mit Dutzenden von individuellen Daten bei einem Rennfahrer z.B. einen mittleren Off-Score von 90 mit einer Standardabweichung von 8 berechnen. Damit bestünde nur eine 5%-Chance, dass ein Wert von 106 eine normale Abweichung darstellt, bei 114 liegt die Chance bei nur 0,5%. Beide Werte wären bei traditionellen Messmethoden völlig normale Ergebnisse, im Falle des ACE-Programms sind diese Werte Anzeichen für Doping, im Falle des Off-Score von 114 ein sehr starkes Indiz.

Erkennen von Blut-Doping
Um Blut-Doping festzustellen, werden im ACE-Programm Hämoglobin, Hämatokrit, Reticulocyten und MCV als hauptsächliche biologische Kennzahlen verwendet. Es wird darüber hinaus der Stimulations-Index (ein Index, der eine Beziehung zwischen Hämoglobin und Reticulocyten herstellt) als Teil der Primär-Analyse heran gezogen. ACE misst darüber hinaus sekundäre Parameter, die durch Blutmanipulation indirekt verändert werden. Dazu zählen MCH (Mean Cellularr Haemoglobin, also der Hämoglobingehalt der einzelnen Zelle), MCHC (Mean Cellulaer Haemoglobin Concentration, die Konzentration des Hämoglobin), RBC (Red Blood Cells, rote Blutkörperchen als Anzahl und in einigen Laboratorien auch die Verteilungshäufigkeit der Erythrozytenvolumina), Platelet Count (die Anzahl an Plättchen, also Thrombozyten, die bei Blutdoping im Verhältnis auch verändert werden; setzt man sie ins Verhältnis zur Gerinnung des Blutes, erkennt man auch die Indizien für Blutdoping oder Volumenmanipulation).

ACE hat das Ziel, 2008 auch Blutvolumentests als Teil der biologischen Matrix zum Erkennen von Blutmanipulation einzubringen. Durch die Verwendung der biologischen Parameter erhält ACE sehr gute Indizien für mögliches Doping schon bei sehr kleinen Variationen. Die große Anzahl der beobachteten Parameter liefert zudem mögliche Gründe für Veränderungen einzelner Parameter. Die Kombination der umfassenden Tests mit der Erfahrung, die Ergebnisse zu interpretieren, führt dazu, dass Doping besser entdeckt werden kann als in jedem anderen Programm inklusive der traditionellen Testmethoden.

Nimmt man das vorherige Beispiel, kann Blutdoping bereits dort erkannt werden, wo dies mittels traditioneller Methoden nicht gelungen wäre. Durch die häufige Anzahl von Tests über das gesamte Jahr ist es schwierig, dass Blutdoping unentdeckt bliebe. Im obigen hypothetischen Fall wäre es nicht als Doping erkannt worden. Doch selbst wenn ein Off-Score oberhalb des UCI-Grenzwertes von 133 entstünde, könnte es misslingen, Doping zu erkennen, weil die Testhäufigkeit zu gering ist. Sollte ein Athlet einen Off-Score von 90 haben und es stiege der Wert einen Tag nach durchgeführtem Blutdoping auf 135, könnte er innerhalb einer Woche leicht wieder unter die Grenz von 133 fallen. Somit wäre die Manipulation mit traditionellen Methoden für etwa 2-6 Tage nachweisbar. Mit dem ACE-Programm ist dies etwa 4-6 Wochen möglich, also wesentlich länger als das normale Testintervall.

Erkennen von Steroiden
Wie auch beim Blut misst ACE ebenfalls eine große Anzahl biologischer Parameter in Urin und Serum zur Erkennung der Nutzung von Steroiden. Zusätzlich wird der Urin auf 70 Substanzen hin getestet, die auf der Liste verbotener Substanzen der WADA stehen. Weitere Substanzen werden fortlaufend ergänzt. ACE testet auf Testosteron, Epitestosteron, Andresteron und die-, diol-Formen, also biochemische Metaboliten. Es werden somit dem Testosteron ähnliche Substanzen oder sogar Produkte des Testosteron-Abbauvorgangs des Körpers genutzt und somit viel mehr Dinge, die dem Wirkspektrum des Testosteron ähneln und vielleicht länger nachweisbar sind als das nur sehr kurz nachweisbare Testosteron selbst.

Unter Benutzung dieser sechs biologischen Messwerte hat ACE einen hoch sensitiven Index zur Überwachung von Sterioden entwickelt. ACE stützt diese Methode durch die Messung von LH und FSH. Die Langzeitanalyse dieser Messwerte ist in ihrer Art ähnlich wie im Falle der oben beschriebenen Blutzellenanalyse. Wenn eine Person ein anabolisches androgenes Steroid („AAS“ oder „Steroid“) einnimmt, verändert sich sofort das entsprechende Profil. LH und FSH werden sofort unterdrückt. Dies wiederum unterdrückt die körpereigene Steroid-Produktion. Veränderungen ergeben sich für einen substantiellen Zeitraum und in prognostizierbarer Weise bei den oben aufgelisteten biologischen Parametern.

Als ein Beispiel ist bei der traditionellen Anti-Doping-Richtlinie die Benutzung der Testosteron- zu Epitestosteron-Rate bekannt. Weil hier biologische Parameter auf nur ein Bewertungsmaß reduziert werden – anders als bei der Langzeitanalyse mit Duzenden von Daten – und weil auf nur ein Parameter abgezielt wird, nämlich das Verhältnis von Testosteron zu Epitestosteron, ist dieser Test zu wenig sensitiv und zu selten, um die Mehrzahl des Missbrauchs mit Steroiden erkennen zu können.

Das akzeptierte Testostern/Epitestosteron Verhältnis der WADA beträgt 4:1, also 6 Standartabweichungen von der Normalpopulation (1:1) entfernt. Würde man ein geringeres Verhältnis festlegen, so wäre dies nicht praktikabel. Sieht man sich beispielsweise die frei zugänglichen WADA-Daten an, gibt es nur 3 von fast 500 Fällen, die einen bestätigten Wert zwischen 4:1 und 6:1 aufwiesen. Der Grund dafür ist die zu geringe Testhäufigkeit und fehlende Langzeituntersuchungen. Im ACE-Programm ist bereits eine Abweichung des individuellen Normwertes in Höhe der 2fachen Standardabweichung verdächtig, eine Abweichung in Höhe der 3fachen Standardabweichung gilt als hochverdächtig.

Wie auch bei den Blutwerten erlaubt die Anzahl der Tests innerhalb des ACE-Programms eine weitaus höhere Verlässlichkeit. Wenn ein Athlet zum Beispiel oral Testosteron einnimmt, muss das T/E-Verhältnis nicht zwingend 4:1 übersteigen. Selbst wenn der Wert auf 30:1 oder höher stiege, kann er innerhalb eines Tages oder sogar schneller auf unterhalb von 4:1 fallen, sobald der Athlet die Einnahme der Substanz beendet hat. Die Benutzung von Testosteron wäre auch nach traditionellen Verfahren einige Tage unter Anwendung von „IRMS“ nachweisbar, allerdings hätte das WADA-Labor keinen Anlass, diese Überprüfung durchzuführen, wenn das T/E-Verhältnis zuvor im normalen Bereich lag. Mit Hilfe der ACE-Langzeituntersuchungen ist die Einnahme von Testosteron 7-14 Tage nachweisbar, abhängig von der Person und der Dosis. Durch die zufälligen Tests von ACE in einer Häufigkeit von mindestens einem Test innerhalb von 14 Tagen ist die Chance, unentdeckt zu bleiben, äußerst gering.

hGH Nachweis
ACE überwacht hGH innerhalb der Serum-Tests. hGH ist außerordentlich schwierig zu entdecken, weil es nach der Einnahme schnell auf den Normalwert zurück kehrt. Dennoch hat ACE durch die Kombination von hoher Testhäufigkeit mit Langzeitanalysen Erfolg beim Nachweis von hGH, was derzeit mit traditionellen Methoden nicht möglich ist.

Quelle: Team High-Road

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