Wer hat Schuld?

Die Gründe für das Sturz-Chaos der Tour

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Alexander Winokurow (Astana) wird nach seinem Sturz auf der 9. Etappe der Tour de France von Teamkollegen geholfen. | Foto: ROTH

12.07.2011  |  Saint-Flour (rsn) – Selten war ein Ruhetag wichtiger als dieser! Viele Tour-Profis erholten sich von ihren Blessuren der letzten Tage, während die vielen Stürze weiter heiß diskutiert wurden!

„Es gibt drei Gründe für die Stürze“, erklärte etwa Fränk Schleck (Leopard-Trek). "1. Alle wollen vorne fahren. 2. Fehler von uns Fahrern. 3. Fehlverhalten der Begleitfahrzeuge.

Punkt eins hatten auch schon andere Top-Profis bemängelt. Der ist auch nicht neu. In diesem Jahr gab es aber im Gegensatz zu den letzten Jahren viele Klassementfahrer, die sich Chancen ausrechnen, in Paris weit vorne ankommen zu können. Keiner will das gleiche Schicksal wie Alberto Contador auf der 1. Etappe erleiden, der von einem Sturz aufgehalten wurde und fast zwei Minuten verlor. Zusätzlich bringt jeder der Favoriten Helfer mit, die das Gedränge noch verstärken. Wenn sich am Ende die Sprinterteams vorne positionieren, ist das Chaos vorprogrammiert.

Möglicherweise fehlt auch Lance Armstrong, der mit seiner Mannschaft das Peleton kontrollierte.

Wenig hilfreich ist sicher auch, dass die Straßen in diesem Jahr oft eng sind und das Peleton mit 22 Teams zu neun Fahrern wieder extrem groß war. Zumindest das letztere Problem löst sich auf fatale Weise. Heute gingen nur noch 179 an den Start der 10. Etappe von Aurillac nach Carmaux (158 km).

Trotzdem haben Mannschaften wie HTC-Highroad, Leopard-Trek und BMC weniger mit Stürzen ihrer Top-Athleten zu kämpfen. „Wir schützen unsere Kapitäne. Sie sind immer von Teamkameraden umgeben“, erklärte HTC-Berater Erik Zabel. Bei Leopard gibt es zusätzlich zwei „Bodyguards“. Der erfahrene Stuart O’Grady deckt immer Fränk Schleck ab. Olympiasieger Fabian Cancellara schützt dessen Bruder Andy.

Eine gänzlich andere Linie verfolgte RadioShack, das mit vier Kapitänen antrat, die oft übers Feld verteilt waren. Wurden sie zu wenig beschützt? Ist das der Grund für die Sturzausfälle von Chris Horner und Janez Brajkovic? Auch Contador ist überall im Feld zu finden, selten sind alle „Domestiken“ bei ihm.

Andreas Klödens Unfall und der Massensturz in der Abfahrt vom Col du Pas de Peyrol sind Punkt 2 zuzuordnen. „Wir gingen zu schnell in die Kurve“, schilderte Astana-Profi Paolo Tiralongo den Crash, beim dem sein Kapitän Alexander Winokurow sich den Oberschenkel und Jürgen van den Broek (Omega Pharma-Lotto) das Schulterblatt brach.

In dieser Kurve soll es auch schon bei früheren Rennen zu Stürzen gekommen sein. Wenn dem so ist, warum warnte dann kein Streckenposten vor der Gefahr? „Mehr Hinweisschilder und Leute, die uns auf gefährliche Stellen hinweisen, würden die Tour sicherer machen“, forderte Tony Martin.

Unerhört die Vorfälle zu Schlecks dritten Punkt. „Ich bin jetzt schon solange bei der Tour. Früher ist nie etwas mit Begleitfahrzeugen passiert. In dieser Tour sind es sogar zwei, die für Unfälle mit uns Fahrern verantwortlich sind“, zeigte sich Jens Voigt fassungslos besonders über den Vorfall mit dem Auto des französischen Fernsehens, das Johnny Hoogerland (Vacansoleil) in den Stacheldraht checkte. Auf der 5. Etappe hatte ein Begleitmotorrad Niki Sörensen (Saxo Bank - Sungard) das Rad unterm Hintern weggezogen.

Vor dem Start jeder Etappe appelliert Tour-Chef Christian Prudhomme an den Begleit-Tross, die Regeln des Rennens einzuhalten, die in einem Extra-Buch festgehalten sind. Jeder Fahrer muss unterschreiben, sie zu kennen. Trotzdem glauben einige, ein persönliches Autorennen auf dem Tour-Parcours austragen zu dürfen.

In den letzten Jahren waren immer wieder Zuschauer die Opfer, in diesem Jahr waren auch die Fahrer von dem rücksichtslosen Verhalten betroffen.

Die Sicherheit bei der Tour bleibt auf der Strecke, deshalb muss weiter diskutiert werden, um Lösungsvorschläge zu finden.

In der Bild-Zeitung könnte sich Jens Voigt mit dem Einsatz eines Safety-Cars bei gefährlichen Abfahrten anfreunden, Tony Martin glaubt dagegen, dass dann das Gedrängel vorne noch zunehmen dürfte.

Die Tour wird nie sicher sein. Das ist eines ihrer Erfolgsgeheimnisse. Die Sicherheit der Fahrer und der Zuschauer darf aber nicht aufs Spiel gesetzt werden, um alles noch spektakulärer zu gestalten!

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